Mickey Rourke ist der Typ, der im Alter immer besser wird. Der mit Körper und Persönlichkeit besticht. Doch vor seinem Comeback mit „The Wrestler“ musster der perfekte „9 1/2 Wochen“ Schönling erstmal sein Gesicht zerschlagen, mit plastischer Chirurgie wieder herstellen lassen, die Liebe seines Lebens verlieren und sich einen Haufen Hunde zulegen. Ja, Hunde. Und viele davon.
Mickey Rourke ließ 1986 die Verkaufszahlen für Honig und Erdbeeren in die Höhe schnellen, allerdings mussten wohl so einige Frauen auf die harte Tour lernen, dass Erdbeeren und Honig ohne Mickey Rourke eben nur Erdbeeren und Honig sind, egal wo man sie sich hinschmiert. Rourke, der sich innerlich nie mit seinem perfekten Äußeren anfreunden konnte, entschloss sich 1991 als Profiboxer zu arbeiten und gelangte erst mit Sin City im Jahr 2005 zurück auf die große Bühne Hollywoods.
Mickey Rourke kriegt sie alle
Eigentlich ist der Erfolg von 9 1/2 Wochen bereits eine Hollywoodgeschichte. Bei der Testvorführung blieben von 1000 Zuschauern genau 40 sitzen, um sich den Film bis zum Ende anzugucken. Von diesen 40 gaben 35 danach schriftlich in der Bewertung an, dass sie den Film hassen. Nachdem er nur 7 Millionen an den Kinokassen eingespielt hat (17 Mio. Produktionskosten), entwickelte sich die erotische, leicht sadomasochistische Filmaffäre über die Jahre zu einem Knüller auf Video und spielte letztendlich über 100 Millionen Euro ein.
Ein unglaublich schönes Gesicht
Mickey Rourke, der 1952 (das Geburtsjahr variiert gerne auch zwischen 1950 und 1956) in Schenectady im Staat New York geboren wurde, erlangte in den 80er Jahren Weltruhm mit Diner, Rumble Fish und 9 1/2 Wochen, Frauen jeden Alters schmachteten das perfekte Gesicht und den gestählten Körper an und konnten sich nicht satt sehen an seinem verschmitzten Lächeln. Doch mit dem Ruhm kamen schlechter Alkohol, schlechte Frauen und schlechte Filme, ab Ende der 80er produziert er vor allem Flops. So entscheidet er sich 1991 wieder das zu machen, was er auch als harter Typ vor seiner Hollywoodkarriere gemacht hat, er wollte wieder boxen. Die Medien machen sich sofort über ihn lustig, er will den harten Absturz überdecken, ist aber doch nur ein billiger Jahrmarktboxer, er geht dahin, wo er herkommt, in die Arbeiterklasse. Rourke ist das egal, für ihn ist Boxen Therapie. Wenn er schon im Leben eins in die Fresse kriegen muss, sagt er, dann im Ring.
Rourke hat eine Menge schlechter Filme gemacht. Pickt man die guten raus, die, die in Erinnerung bleiben wie Barfly, Year of the Dragon und Angel Heart, dann weiß man, dass Rourke ein hervorragender Schauspieler ist. Irgendwann hat er den Fehler begangen und nur noch Charaktere gespielt, die entweder kämpfen oder vögeln. Die Rollen, die er spielt, sind mit Selbsthass erfüllt, ebenso wie er selbst. Sein Äußeres steht im krassen Gegensatz zu seinem Inneren, er trinkt, schlägt sich, sieht schrecklich aus, ist schwierig am Set und schlägt Rollenangebote in Filmen wie Platoon, Das Schweigen der Lämmer und Pulp Fiction aus. Als er sich entscheidet, zurück zum Boxen zu gehen, ist es höchste Zeit, etwas zu ändern. Er möchte seine destruktive Art bekämpfen, hat sogar die Achtung vor seinem eigenen Schauspieltalent verloren.
Ein unglaublich hässliches Gesicht
Seine Boxerkarriere lässt ihn demoliert zurück, sein Gesicht ist zerschmettert, er geht zu einem plastischen Chirurgen, besser gesagt wohl Pfuscher, der ihn noch mehr entstellt. Es scheint, als hätte er seine Schönheit herausgefordert, als wollte er das Äußere dem Inneren anpassen. Irgendwie ist er der kleine Junge, der nicht erwachsen wird, der keinen Mittelweg findet, um mit dem Monster „Hollywood“ Frieden zu schließen, er trifft mit Carré Otis die Liebe seines Lebens, heiratet sie 1992, 1994 lassen sie sich scheiden. Er stalkt, bedroht, betrügt und schlägt sie, und hat am Ende alles verloren. Kein Geld, keine Liebe, kein Ansehen, keine guten Rollen, weder im Ring noch auf der Leinwand. Der Regisseur Adrian Lyne (9 1/2 Wochen) sagt irgendwann über Rourke: „Wäre er nach dem Erscheinen von Angel Heart gestorben, er wäre ein größeres Phänomen als James Dean geworden.“ Glücklicherweise ist das nicht passiert.
Die Auferstehung nach 14 Jahren
Nach eher kleineren aber zumindest regelmäßigen Rollen spielt der gefallene Star 2005 in Sin City den Ex-Sträfling Marv, ganz wie im echten Leben schlägt er sich, verliert die große Liebe und kämpft unerbittert weiter. Die Rolle holt ihn quasi über Nacht zurück auf die große Bühne, Schauspielkollegen wie Johnny Depp beginnen wieder, über seine unglaubliche Leistung zu sprechen, Brad Pitt nennt ihn als Vorbild. Mickey Rourke schreibt sein Comeback seinem Agenten David A. Unger zu, wöchentlichen Sitzungen mit einem Psychologen, einem katholischen Priester namens Pete und seinen Hunden. Er erzählte dass, als er alles verloren hatte, seine Hunde noch immer für ihn da waren. Als er selbst über Suizid nachdachte, sich vier, fünf Monate zu Hause einsperrte, da kam sein Hund zu ihm und schaute ihm in die Augen, als würde er fragen: „Wer passt dann auf mich auf?“ Einer seiner Hunde war auch mit ihm in dem Film „Man on Fire“ zu sehen.
Rourke bereut nichts, er ist der Meinung, dass seine Erfahrungen aus ihm eine interessantere Person gemacht haben und er diese Tiefe auch für die Rollen benutzen kann. Die besten Rollen seines Lebens hat er noch vor sich, sagt er selbst, und eine davon war sicher „The Wrestler“, der Film, der ihn 2008 wieder an die absolute Spitze katapultierte. Unvergessen ist der Moment, als er hinter der Fleischtheke steht, versucht ein normales Leben nach den normalen Regeln zu führen und scheitert. Dieser Moment fängt ein, warum Menschen das Falsche tun, warum sie ihr Leben ruinieren, wenn doch die Lösung so einfach wäre, warum sie Menschen verletzten, die sie lieben, ungesund leben und einen sicheren Job hinschmeißen. Weil ein Mensch immer noch ein Mensch ist und nicht jeder sich einfach so in die vorgefertigte Welt hineinpressen kann.
Genau diese Szene die auch die Wahrheit seines Lebens. Die Schönheit hat nicht zu ihm gepasst, auch wenn die ganze Welt so sein möchte, ganze Industrien vom Streben nach Schönheit leben, hat es ihn nicht erfüllt. Doch Schönheit ist relativ, sexy sein Ansichtssache. So wie ihn die Frauen früher für das Makellose liebten, bewundern sie ihn jetzt für seinen Stil, für den Charkater, für die Falten. Er ist mit einem Model zusammen und wohnt zur Zeit in Wiesbaden, an Verehrerinnen, Geld, Liebe und Anerkennung mangelt es ihm nicht mehr. Sicherlich hat der Gang zu einem fähigen Chirurgen die Sache mit dem Aussehen erleichtert, Mickey Rourke allerdings hat den Hauptkampf alleine ausgetragen. Und er hat gewonnen.
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